Zugfestigkeit und Biegefestigkeit von Aluplatten im Überblick
Aluminiumplatten sind aus modernen Industriebereichen nicht mehr wegzudenken. Ob im Maschinenbau, Fahrzeugbau oder in der Fertigung von Vorrichtungen – ihre Kombination aus Leichtigkeit, Korrosionsbeständigkeit und mechanischer Belastbarkeit macht sie zu einem vielseitig einsetzbaren Werkstoff. Besonders relevant für technische Anwendungen sind zwei zentrale Kennwerte: Zugfestigkeit und Biegefestigkeit.
Was bedeutet Zugfestigkeit bei Aluplatten?
Die Zugfestigkeit beschreibt den maximalen Widerstand, den ein Werkstoff einer Zugbelastung entgegensetzen kann, bevor es zum Bruch kommt. Bei Aluminiumplatten bezieht sich dieser Wert auf die Belastung in Längsrichtung, also auf eine reine axiale Zugbeanspruchung. Der Werkstoff wird dabei gedehnt, und die Zugfestigkeit gibt an, bei welcher Spannung die Probe versagt.
Für Aluplatten ist dieser Wert abhängig von der Legierung, dem Fertigungsverfahren, der Plattendicke sowie der Wärmebehandlung. Auch das Gefüge – beispielsweise das Verhältnis von Kristallstruktur und Korngröße – kann eine Rolle spielen. In der industriellen Praxis werden Aluminiumplatten häufig in wärmebehandeltem Zustand eingesetzt (z. B. T6 oder H111), um bestimmte Festigkeitswerte zu erreichen. Übliche Einheiten sind Megapascal (MPa) oder Newton pro Quadratmillimeter (N/mm²), wobei beide Maßeinheiten gleichwertig sind.
Beispielwerte für gängige Aluminiumlegierungen:
Legierung | Zugfestigkeit Rm (MPa) |
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EN AW-5083 H111 | ca. 275 MPa |
EN AW-6082 T6 | ca. 310 MPa |
EN AW-7075 T6 | ca. 540 MPa |
Diese Werte gelten für Standardplatten bei Raumtemperatur und unter Normbedingungen (gemäß DIN EN ISO 6892-1).
Was sagt die Biegefestigkeit aus?
Die Biegefestigkeit beschreibt die maximale mechanische Spannung, die ein Werkstoff beim Biegen aushalten kann, bevor er reißt oder dauerhaft verformt wird. Im technischen Sprachgebrauch wird häufig auch von der Biegezugfestigkeit gesprochen, insbesondere bei genormten Prüfverfahren wie dem 3-Punkt-Biegeversuch.
Typische Einflussfaktoren auf die Biegefestigkeit:
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Legierung und Gefüge
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Plattendicke
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Biegeradius
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Richtung der Biegebeanspruchung (Walzrichtung vs. Quer)
Auch hier lassen sich typische Orientierungswerte nennen:
Legierung | Biegefestigkeit (MPa) |
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EN AW-5083 | ca. 215–240 MPa |
EN AW-6082 | ca. 240–270 MPa |
EN AW-7075 | ca. 450 MPa |
Warum sind diese Kennwerte entscheidend?
Zugfestigkeit und Biegefestigkeit sind zentrale Kennwerte, wenn es um die mechanische Auslegung von Konstruktionen mit Aluminiumplatten geht. Sie beeinflussen maßgeblich die Entscheidung, ob ein Werkstoff für eine bestimmte Beanspruchung geeignet ist. Besonders im industriellen Umfeld, wo hohe Kräfte, dynamische Belastungen oder wiederholte Biegevorgänge auftreten, ist es entscheidend, dass das eingesetzte Material zuverlässig über die gesamte Lebensdauer hinweg standhält.
Ein zu geringer Zugfestigkeitswert kann zum Versagen unter Zugspannung führen – etwa bei Bauteilen, die unter Zug belastet oder vorgespannt sind. Eine unzureichende Biegefestigkeit wiederum kann dazu führen, dass sich Platten unter Last verformen oder sogar Risse entstehen. Auch das Thema Sicherheit spielt eine Rolle: In vielen Anwendungen ist die Kenntnis der Materialgrenzen Voraussetzung für die Einhaltung von Normen und Sicherheitsvorgaben.
Konstrukteure und Planer müssen diese Werte bei der Dimensionierung berücksichtigen, etwa durch Sicherheitsfaktoren oder gezielte Verstärkungsmaßnahmen. Die Auswahl der geeigneten Aluminiumlegierung ist daher kein bloßer Vergleich von Zahlenwerten, sondern Teil einer ganzheitlichen Materialstrategie.
Zugfestigkeit vs. Biegefestigkeit: Wo liegt der Unterschied?
Obwohl beide Begriffe mechanische Spannungen beschreiben, wirken sie in unterschiedlichen Belastungsrichtungen:
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Zugfestigkeit: Reine axiale Belastung in Längsrichtung
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Biegefestigkeit: Kombination aus Zug und Druck auf der Ober- und Unterseite der Platte bei Biegung
Die Biegebeanspruchung ist in der Praxis oft kritischer, da lokale Materialschwächen hier stärker ins Gewicht fallen können. Aluminium neigt bei Überschreiten der Biegegrenze schneller zu Rissbildung als zu plastischer Dehnung.
Prüfmethoden und Normen
Für die Bestimmung der mechanischen Eigenschaften gelten standardisierte Verfahren. Die wichtigsten Normen sind:
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DIN EN ISO 6892-1 – Zugversuch bei Raumtemperatur
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DIN EN ISO 7438 – Biegeversuch (3-Punkt- oder 4-Punkt-Biegung)
Die Ergebnisse sind abhängig von Prüfgeschwindigkeit, Probendimensionen und der Richtung der Beanspruchung. Für eine zuverlässige Werkstoffauswahl sollten daher immer herstellerbezogene Materialdatenblätter verwendet werden.
Anwendungen in der Praxis
Die Wahl der passenden Aluminiumplatte hängt stark vom Einsatzgebiet und den dort auftretenden Belastungsarten ab. In der Praxis kommen unterschiedliche Legierungen zum Einsatz – abhängig davon, ob hohe Festigkeit, gute Umformbarkeit oder Korrosionsbeständigkeit gefragt ist.
EN AW-5083 wird vor allem dort eingesetzt, wo gute Biegeeigenschaften, eine ausgezeichnete Korrosionsbeständigkeit und Schweißbarkeit erforderlich sind – etwa im Schiffbau, im Vorrichtungsbau oder bei großflächigen Abdeckungen im Maschinenbau. Diese Legierung ist auch für den Einsatz in feuchter Umgebung oder im Außenbereich sehr gut geeignet.
EN AW-6082 vereint eine mittlere Festigkeit mit guter Zerspanbarkeit und ist damit prädestiniert für Bauteile im Maschinen- und Anlagenbau. Hier kommen sowohl Zug- als auch Biegebeanspruchungen häufig vor, beispielsweise bei Trägerplatten, Halterungen oder Rahmenelementen.
EN AW-7075 bietet extrem hohe Festigkeitswerte, aber eine eingeschränkte Schweißbarkeit. Diese Legierung kommt bevorzugt im Flugzeugbau, bei hochbelasteten Werkzeugen und in der Motorsporttechnik zum Einsatz – überall dort, wo jedes Gramm Gewicht zählt und gleichzeitig höchste mechanische Festigkeit erforderlich ist.
Auch im Formenbau und in der Automatisierungstechnik werden Aluplatten häufig verwendet, wenn eine Kombination aus Steifigkeit, Maßhaltigkeit und Bearbeitbarkeit gefordert ist. In diesen Bereichen bieten speziell gefräste Präzisionsplatten zusätzliche Vorteile hinsichtlich Ebenheit und Toleranzen.
Fazit
Die Zugfestigkeit und Biegefestigkeit von Aluplatten sind zentrale Kennwerte für die industrielle Werkstoffauswahl. Je nach Anforderung sollten Aluminiumlegierung, Plattendicke und Beanspruchungsart sorgfältig aufeinander abgestimmt werden. Nur so lässt sich eine zuverlässige, langlebige und sichere Anwendung in der Konstruktion realisieren.